Wenn ich von einer Falle spreche, dann ist das so gemeint, dass Eltern sehr oft ihrem Hirn in die Falle gehen. Es wird gedacht, statt gefühlt. Der zweijährige Stefan will seine Patschen nicht anziehen und weint und schreit. Seine Mama will ihm erklären, warum er die Hausschuhe anziehen soll. Sein Weinen wird nur noch lauter und verzweifelter. Alles was Mama versucht, scheint nichts zu fruchten. Claudia weint sehr schnell, eine Kleinigkeit genügt und schon fließen die Tränen. Susanne macht jedes Mittagessen zum Fiasko. Dabei legen die Eltern auf gute Erziehung wert. Tränen sind fast jedesmal an der Tagesordnung.
Wenn sich Kinder mit uns verbinden, dann machen sie das nicht, weil sie mit uns auskommen wollen. Sie verbinden sich mit unseren unterdrückten Gefühlen, sie verbinden sich mit unseren Schwächen und unserer Hilflosigkeit um uns dazu zu bringen, echt und authentisch zu reagieren. Kinder wollen Verbindung aufnehmen zu unserer ureigensten authentischen Persönlichkeit. Aber sind wir mit ihr vertraut? oder zeigen wir dem Kind eine Rolle, selbsternannte Stärken, vorgespielte Gefühle???
Stellt euch vor, euer Kind ist ein Meister der Hellseherei und sieht Dinge an euch, die ihr gar nicht wahrnehmt? Stellt euch vor, euer Kind will genau an diesen versteckten Schwächen andocken, damit ihr echt seid. Man ist nämlich nicht echt, wenn man seine Gefühle und Schwächen unterdrückt oder ignoriert.
Kinder sind nie egoistisch, wenn sie um etwas weinen. Sie weinen, weil sie nicht verstehen, dass sie es nicht bekommen können. Jetzt, wo sie sich das doch wünschen. In diesem Moment. Sie weinen und schreien, weil sie Hilflosigkeit spüren. Sie wissen nicht, was sich da in ihrem Hirn abspielt.
Was kann ich also tun?
Ich nehme Verbindung mit mir auf und spüre in mich hinein. Was will ich wirklich? Was möchte ich, dass es mir und dem Kind gut geht? Mit ruhigen Worten, mit den Händen, mit Zärtlichkeit, mit Gelassenheit nehme ich nun Verbindung auf mit meinem Kind und sage ihm vielleicht, warum das jetzt so sein muss oder eben nicht sein kann.
Ein Kind will ein Eis, gestern hatte es Bauchweh. Ich sage nein. Mein Kind tobt. Ich sage ruhig: “ Da musst du weinen, wenn du so gerne ein Eis möchtest. Doch ich passe gut auf dich auf, dass du nicht wieder Bauchweh bekommst. Und ich passe gut auf mich auf, weil ich mir sonst wieder Sorgen mache um dich und die ganze Nacht nicht schlafen kann!“ Doch nur wenn dieser Satz aus eurem Inneren entspringt, ist er echt. Egal welcher Satz, egal welche Konsequenz. Abgeschaut und sich schlaugelesen ist dieser Satz wertlos. Ihr Eltern seid die einzige Kompetenz der Beziehung zwischen Euch und eurem Kind.
Das kann man auch schon einem ganz kleinen Kind so sagen.
Wenn ich ganz bei mir sein kann, mit dem Wissen, es ist zum Wohle meines Kindes und – zu meinem Wohle. Dann hast du die Steckdose gesteckt und dein Kind spürt die Verbindung. Auch wenn es vielleicht noch weiter weinen muss. Es ist für ein Kind unendlich traurig oder Grund genug wütend zu sein, wenn etwas , das im seinem Hirn auftaucht nicht erfüllt zu bekommen. Kinder leben im Hier und jetzt und jetzt muss der Wunsch gestillt werden.
Noch noch viel trauriger und wütend wird es auf Dauer sein, wenn es diese Verbindung zu den Eltern selten bis gar nie spüre kann.
Jesper Juul hat einmal zu uns gesagt: „Wenn du nicht mehr weiter weißt, versuchs mit der Wahrheit!“ Kinder schätzen es sehr, wenn Eltern ehrlich sind über sich selber. Spätestens in der Pubertät finden sie sie heraus, darauf kann man sich verlassen.
Ihr als Eltern wisst, ein plötzlich auftauchender Wunsch ist nur ein Momentum im Gehirn entsprungen. Aus einem Reiz, der gesetzt wurde. Eine Wunsch-Luftballon, der irrsinnig schnell aufgeblasen ist, aber bald wieder platzt.
In dieser Wut oder Traurigkeit bin ich da und verbinde mich mit dir, mein Kind. Ich lasse dich spüren, dass es richtig ist, so wütend zu sein. Doch ich bleibe ruhig und gelassen dabei und bei meiner Aufgabe, dich zu führen.
Jetzt hast du nicht erzogen, nein viel besser, jetzt hast du deine Verantwortung wahrgenommen und Beziehung gebaut.