Kennt ihr die schlichtweg gebräuchlichste Beziehungssünde? Heute habe ich sie zweimal gehört, darum schreib ich gleich darüber. Sie fällt schon gar nicht mehr auf, weil sie in die Elterngesellschaft eingezogen ist und nun fast in aller Munde ist.
Sätze wie: „Wir haben bei der Schularbeit einen Zweier bekommen.“, Wir haben heut sehr viel Hausübung aufgehabt…“! Glaubst du, wird unserer Lehrerin das auffallen…“ „Wir werden uns das sicher nicht gefallen lassen, dass die Kindergärtnerin immer die anderen Kinder bevorzugt…“ und und und.
Wenn man einmal ein Ohr dafür entwickelt hat, dann merkt man, dass viele Eltern bei Dingen, die eigentlich nur das Kind angehen, in der Wir-Form sprechen.
Jesper Juul sprach während meiner Ausbildung zur Seminarleiterin einmal von der Seuche „Selbstwertschwäche“, die Mitteleuropa heimgesucht hat. Ursache: Immer eine Gesellschaft, die sich in die Abhängikeit begibt, (Konsum, Leistung, Verwöhnung usw.) deren Individuen, die darin leben, nicht mehr ihre eigene Persönlichkeit authentisch ausbilden können. Man wird erwachsen, aber nicht wirklich reifer, was das anbelangt und bekommt Kinder.
Der nächste Schritt ist nun, dem heranwachsendem Kind seine Identität nicht zugestehen zu können. Viele selbstwertschwache Eltern verbinden sich nun mit dem Kind zu einer Person. Alles was dem Kind passiert, passiert auch ihnen.
Ziemlich problematisch diese Geschichte. Es ist schwer möglich, seine eigene Identität zu entwickeln, wenn Kinder nicht als eigenständiges Wesen, abgekoppelt von den Gefühlen, Talenten, Meinungen, Schwächen, Stärken ect. der Eltern gesehen werden. Abgesehen davon, dass ich mich als Erwachsener, als jemand der führen sollte, auf das Niveau des Kindes begebe.
Jedes Individuum ist einzigartig, kein einziges Lebewesen, ob Mensch, Tier oder Pflanze ist gleich, kein einziger Mensch gleicht dem anderen. Das sollten Kinder ganz früh so erleben dürfen.
Wenn ich mein Kind sehe, dann sehe ich es mit SEINEN Problemen, mit SEINEN Stärken, Schwächen, Schwierigkeiten. Das sind mit Sicherheit nicht meine. Mitfühlen, sich in das Kind einfühlen, es in eine andere Richtung schauen lassen, gewisse Dinge bedenken lassen, seinem Kind Hilfe geben, sich selbst helfen oder sich einfach raushalten und darauf vertrauen, dass es dieses Problem alleine bewältigen kann. DA sind zwei am Werk. Ein Erwachsener und ein Kind.
Diese wichtigen persönlichkeitsbildenden, selbstwertstärkenden, Eigenverantwortlichkeit bildenden Maßnahmen sind gefragt.
Vorausgesetzt ihr wollt ein solches Kind mit diesen reifen Persönlichkeitsanteilen.
Bin mir sicher, dass ihr das wollt.
Also schön trennen – es lohnt sich.