Ich habe euch zugesagt, einige Lösungen zu finden, wenn Kinder wieder einmal aus dem Nichts heraus eine Tragödie inszenieren. Ist nicht das richtige Wort, sie inszenieren diese ja nicht, für sie ist es wirklich eine.
Es gibt viele Gründe, warum Kinder ihrer Frustration oft so vehement Ausdruck verleihen. Jüngere Kinder, so zwischen zwei und vier Jahren sind noch in der “Ich-Findung“ stark verhaftet. Diese Zeit geht vorbei und in einigen Jahren werden sie recht einsichtsvoll.
Ich denke, dass die Hauptgründe heute folgende sind:
- Die Unsicherheit der Eltern, das heißt, das Kind schreit und tobt, weil es Führungsqualität vermisst.
- Die Individualisierung der Erziehung, die die Eltern ratlos zurücklässt. Das kollektive „Man macht das oder macht das nicht“, was den Eltern früher natürlich die Erziehung stark erleichterte, ist weggefallen. Jede Familie muss seine eigenen Regeln finden und das überfordert die Eltern zeitweilig sehr. Dieser Schritt ging zu schnell in der Entwicklung der neuzeitlichen Erziehung und überfordert die Intuition der Eltern.
- Die Verwöhnung durch zuviel an Konsum und Reizen
Im sogenannten „Ich-Findungs-Prozess“#, früher Trotzalter genannt, nützt es gar nichts, wenn man an die Vernunft der Kinder appelliert. Ich erlebe oft Eltern, die sich und ihre Handlung erklären und auf das Einsehen der Kinder hoffen, dass das jetzt genau das Richtige für sie ist. Dabei ist es schon richtig, dem Kind zu erklären, warum etwas jetzt nicht geht. Ein Kind will unbedingt das Handy zum Spielen und die Mama erklärt ihm, dass sie nicht möchte, dass es mit dem Handy spielt. „Ich habe es dir schon so oft erklärt!“ ist ein Satz, den man sich sparen kann. Damit übergibt man dem Kind die Verantwortung, dass es mich nicht verstanden hat. Wenn mich ein Kind nicht versteht, bin ich es, der etwas ändern muss. Lustig eigentlich, ein Paradox, wenn man dreimal was sagt und dann noch zweimal, obwohl ich beim ersten Mal schon nicht verstanden wurde. Die Wiederholung machts nicht besser und verständlicher. Kinder haben bald kein Ohr mehr dafür. Sie wollen Neues hören. Hatte das in einer meiner Beiträge ausführlich beschrieben.
Lösungen:
Stellt euch mal vor, ihr übernehmt die Verantwortung für alles, was an Kommunikation passiert. Ihr übernehmt die Verantwortung:
-wenn das Kind euch nicht folgt
-euch nicht versteht
– rebelliert, schreit und heult, weil es etwas nicht darf
-etwas schief läuft, was ihr bereits im Vorhinein nicht wolltet und das Kind es trotzdem tat.
Alles im ruhigem Tonfall, ganz natürlich und selbstverständlich- Gaaaanz wichtig!!!
Beispiele:
„Jetzt habe ich schon wieder vergessen, das Handy wegzulegen. Obwohl ich weiß, dass mein Jonas so gerne mit dem Handy spielt. Dabei will ich das ja nicht, weil es nicht gesund ist, (weil du mir alles durcheinander bringst, weil ich Angst habe, dass du es fallen lässt, weil ich finde, ein Handy gehört nicht in die Hände von Kindern oä.)“ Welchen individuellen Grund ihr habt ist ganz egal. Aber das Kind muss spüren, dass ihr mit Überzeugung dahintersteht.
„Ich habe vor fünf Minuten gesagt, dass ich dir das nicht erlauben kann. Irgendwas scheint schief zu laufen mit meiner Sprache, dass es nicht ankommt. Muss mir überlegen, wie ich es dir genauer erklären kann, vielleicht warst du grad beschäftigt. „
„Ich habe dir Entscheidung überlassen, deinen Freund Robert einzuladen. Doch das war nicht die richtige Entscheidung. Ich hätte wissen müssen, dass er wieder solch ein Chaos veranstaltet. Werde das nächste Mal eine andere Entscheidung treffen!“
„Johanna, du schreist und weinst jedesmal, wenn du nicht tun darfst, was du willst. Ich habe schon oft erlebt, dass dir das enorm wichtig ist, selber Entscheidungen zu treffen. Doch ich werde hier die Verantwortung übernehmen, weil ich weiß, dass das momentan das Richtige ist. Ich werde aber genau darauf schauen, dass du auch deine eigenen Entscheidungen treffen kannst!
„Wenn du weiter weinen möchtest, weil du das nicht bekommen hast, versteh ich dich. Doch zum Wut herausschreien, gehe bitte in dein Zimmer!“
Unendlich viele Beispiele gäbe es hier. Bei den jüngernen Kindern, so unter zwei Jahren funktioniert Ablenkung gut. Auf dem Arm nehmen und die Situation verlassen.
Bei all diesen Beispielen steht eins im Vordergrund. Das Kind ist nie schuld. Immer übernehme ich die Verantwortung. Ich als Elternteil übernehme die Führung. Das bewirkt etwas ganz Großartiges:
Dein Kind lernt von euch, was Verantwortung, Verantwortlichkeit ist. Und nur so lernt es dieses wichtige Instrument der Selbstverantwortung. Macht ihr es umgekehrt, wird das Kind unverantwortlich bleiben, auch den anderen gegenüber. “Ich kann mich auf mein Kind nicht verlassen!“ höre ich oft. Das ist einer der Gründe dafür. Ich kenne viele Kinder und Erwachsene, die dauernd eine Schuld beim anderen suchen, aber nie in ihre Scham gehen, in ihre eigene Verantwortlichkeit. Das sind Kind gebliebene Erwachsene, die bereits als Kind viel Schuld aufgebürdet bekommen haben.
Dieses Lernen von Verantwortlichkeit durch die Eltern, finde ich eines der wichtigsten Pfeiler in einer guten Er- und Beziehung.