Ich habe ja sechs Enkelkinder, wie bereits beschrieben und allesamt Mädchen. Drei Familien mit jeweils zwei Mädchen. Also drei große Schwestern und drei kleine Schwestern.
Für mich ein bekanntes Thema, weil ich ja selber eine große Schwester bin und zwei kleine Schwestern habe. Es wurde mir wieder einmal einiges ins Bewusstsein geholt, da ich den Nikolaus gestern für meine E-Kids machen durfte. Die Zettel für den Nikolaus (Stärken und Schwächen der Kinder von den Eltern beschrieben) führten an, dass sie tolle große Schwestern sind .
So sind mir heute einige Erinnerungen und Überlegungen durch den Kopf gegangen:
Als große Schwester habe ich mich sehr geplagt mit meinen beiden kleinen Schwestern und war trotzdem froh, dass ich sie hatte. Denke aber oftmals, wie mein Leben wohl verlaufen wäre, hätte ich keine kleinen Schwestern gehabt, sondern eine Große? Oder gar keine?
War ja doppelt betroffen und als Ersatzbetreuungsperson von der Mama, stark eingespannt.
Meine kleinere Schwestern, ich sehe das auch bei meinen „Kleine- Schwestern- Enkerl“ hatte oder haben es um vieles leichter. So in etwa: Du gehst einen tief verschneiten Pfad, den vor dir noch keiner gegangen ist und du suchst mühselig die Spur. Nebenbei drehst du dich dauern um, zu schauen, ob die Kleinen eh nicht verloren gehen, in Gefahr sind oder Unsinn machen. Schaust aber auch dauernd links und rechts um Fehler zu vermeiden. Eltern sehen ja vieles. Eine mühselige Angelegenheit, wenn man vielleicht Eltern hat, die froh sind, wenn du das machst. Also die Verantwortung nicht dafür übernehmen, ob eine Überforderung stattfindet oder nicht.
Meine Mutter war zwei Jahre lang sehr krank, nervlich und körperlich. Da waren meine Schwestern 1 Jahr und 5 Jahre, ich war damals sechs Jahre alt. Ich hatte sie am Tag in meiner Obhut und auch nachts in meinem Zimmer. Dabei hatte ich mein erstes Schuljahr zu bestreiten, zwei Kilometer Fußmarsch zur Schule und auch wieder zurück. Ich bin in der Schule einmal eingeschlafen und alle haben gelacht, als mich die Lehrerin darauf angesprochen hat.
Einmal kam der Krampus durch die Tür. Ich wickelte gerade meine ganz kleine Schwester. Ich war dermaßen erschrocken, weil er ja ein Jahr zuvor meine 5 jährige Schwester mitgenommen hat in seinem Korb. Ich habe mich damals gefühlt wie eine Mutter, der man das Kind weg nimmt. Doch er streichelte mir über den Kopf und sagte: „Du bist aber brav“
Vielleicht kann ichs deshalb nicht mehr hören, wenn jemand von seinen Kindern sagt, sie sind brav. Ja ich war brav. Die Fünfjährige war selten brav. Sie hat die Rute nicht gefürchtet, die jedes Jahr erneuert wurde vom Krampus, weil sie das ganz Jahr über verbraucht wurde.
Ich habe den Preis fürs Bravsein bezahlt und wurde überverantwortlich. Wie uns Jesper Juul einmal erklärt hat, du dieses Ungetüm nie mehr los wirst.
Fast alle meine großen Entscheidungen, die ich für mein Leben gefällt habe, waren dieser Überverantwortlichkeit geschuldet. Und genau diese Entscheidungen habe ich nicht getroffen, weil es für mich das Beste war, sondern für jemand anderen. Dies ging meist nicht gut aus. Logisch, ich hätte ja etwas ganz anderes gebraucht.
Ich habe lernen müssen, für mich selbst verantwortlich zu sein, mühsam und sehr viel später. Was für ein Glück, mit einem für sich selbst gut verantwortlichen Menschen an meiner Seite. Dieser hat aber erstmals die Entscheidung für mich getroffen, bevor er mir zeigen konnte, was Eigenverantwortung wirklich ist.
Meine um elf Monate jüngere Schwester hat sich den Weg ausgesucht. Manchmal hat sie meinen mühselig ausgestapften Weg genutzt oder sich klammheimlich einen neuen, für sie passenderen gefunden. Und ich bin staunend danebengestanden und habe mich gewundert, dass das so leicht geht.
Ich wünsche meinen „Große Schwester“ Enkelkindern weiterhin , dass ihre Eltern genau drauf schauen, ob sich diese angeborene Eigenschaft, Mutterersatz zu sein, nicht manifestiert in ihrer Persönlichkeit.
Dass sie ihnen immer wieder erklären, dass die Verantwortung für die jüngeren Geschwister einzig allein bei den Erwachsenen liegt. Auch wenn sie manchmal noch so versprechen, sie schauen jetzt auf die Kleinen.
Ich wünschen ihnen genug Sorglosigkeit und Freiheitsgefühl, um ihren Weg, der für sie bestimmt ist, zu gehen. Schwer genug für eine erstgeborene Tochter.
Ich wünsche ihnen Menschen an ihrer Seite, die sehen können was sie wirklich brauchen, und nicht, was sie sich gerade für sich oder eben andere wünschen. Oder noch klarer ausgedrückt: Eltern sollen erkennen, ob das Kind es oftmals für jemanden macht, weil dieser jemand dann zufrieden und glücklich ist. Also brav!!! Und sich selbst übergeht.
Um geliebt und gesehen zu werden, das Urbedürfnis eines jeden Menschen, tut ein Kind vieles, schlimmstenfalls auch die Selbstaufgabe.
Und natürlich weiß ich auch, dass es manchmal, eher seltener, auch umgekehrt sein kann. Es gibt auch kleine Schwestern, die auf die große Schwester aufpassen wollen.
Es hat mir großen Spaß gemacht, heuer den Nikolaus für meine Mädels machen zu dürfen, so richtig analog. Und sie müssen bei mir nicht brav sein. Sie bekommen auch so ihr Sackerl