Kinder und Feiern!

Eine kurze Geschichte: Eine sehr liebevolle Oma feiert Geburtstag. Sie möchte gerne ihre ganze Familie dazu einladen. Es haben alle Zeit, nur ein Kind will zu einer Geburtstagsfeier einer ihrer Freunde.

Als sie die Oma darauf anspricht und meint – dann komme ich nächstes Mal auch nicht zu deinem Geburtstag- werden die Eltern wütend und werfen der alten Frau vor, sie übe Druck auf Ihr Enkelkind aus.

Der Vater meinte, das Kind wird dann ein halbes Jahr traurig sein, weil es nicht bei dieser Feier war.

Die Oma meinte, dass es ein Zeichen der Wertschätzung und wichtig ist. Nicht ihretwillen sondern, weil sie es wichtig findet, dass ein Kind diese Art von Wertschätzung von den Eltern lernen sollte.

Grundsätzlich ist es ein typischer Wertekonflikt:
Die Eltern wollen ihrem Kind ermöglichen, frei zu entscheiden, wohin es gehen möchte. Doch diese sind niemals frei in ihrer Entscheidung, weil Kinder im Alter von acht Jahren noch zu keiner Entscheidung fähig ist, die Folgen, Nachwirkungen und Beeinflussung durch Eltern ausschließt.

…Sind die Eltern stolz darauf, dass ihr Kind viele Freunde hat, beliebt ist?
…Sind sie selber nicht so begeistert, zu den Großeltern zu fahren?
…Ist das angebotene Event für das Kind ausschlaggebend?
…Steht das Kind unter Gruppendruck?
…Legen die Eltern viel Wert auf Freundschaften, eben auch bei sich selber?
…können sie es nicht aushalten, dass andere Kinder dann erzählen, wie toll es war, und ihr Kind war nicht dabei
…fürchten die Eltern, dass ihr Kind leidet

Nur einige der vielen Einflüsse, die das Kind ausgesetzt ist. Vieles davon ist den Eltern unmittelbar nicht bewusst, doch Kinder nehmen diese wahr, sie haben sehr feine Antennen. Besonders wenn es darum geht, was Eltern wirklich fühlen- das perfide daran ist aber, dass sie es nicht einordnen können und für richtig halten.

Was noch bedeutend ist:

In diesem Alter sieht ein Kind noch nicht, was Großeltern(Tante, Onkel, Pate…) für dieses Kind machen. In diesem Altern empfindet das Kind kein Großgefühl an Dankbarkeit, Anstand oder Wertschätzung. Es ist ein Kind und folgt seinen Wünschen.

Die Oma möchte nicht, dass das Kind ihretwegen kommt, sondern, weil sie damit dem Kind etwas Gutes tun möchte. Sie möchte gerne, dass dieses geliebte Enkelkind lernt, wie wichtig Wertschätzung und Dankbarkeit im Leben sind. Vielleicht weiß sie, dass Kinder, die diese Werte haben, die Welt und das Leben anderer besser machen können. Vor allem die psychische Gesundheit des Kindes unterstützen, weil sie weiß, dass Dankbarkeitsgefühle die besten Verhinderer von Depressionen sind. Diese Frau ist vielleicht auch der Meinung, dass Eltern die Verantwortung übernehmen müssen, diesen für sie wichtigen Wert dem Kind zu übermitteln.

Den Wert der Wertschätzung gegenüber einer Person, die viel für das Kind tut und dem Kind klarmacht: Ja deine Freunde sind wichtig, aber deine Oma, Tante, Godi ist immer für dich da und wir werden sie deshalb besuchen, wenn sie uns einladet. Ich kann dir also nicht versprechen, dass es was wird mit der Geburtstagsfeier mit deinen Freunden. Das Kind wird traurig sein, frustriert, doch wird es im Laufe seines Lebens lernen, dass Dankbarkeit und Wertschätzung ein Wert sind, der im Leben wichtig ist. ( Ich denke, dieses hat sich die Oma so gewünscht)

Oder aber sie sagen: Deine Oma/Opa/ Patin hat zwar an diesem Tag Geburtstag, aber wichtig ist für uns, dass du das machst, was du dir wünscht, dass du glücklich bist und das werden wir der Oma … auch erklären.

Das Kind wird sich freuen, aber wahrscheinlich auch das nächste Mal einfordern, das zu machen, was sie vordergründig glücklich macht

Vielleicht sind Eltern auch total reflektiert und sagen: Wir legen selbst nicht soviel Wert auf solche Geburtstagsfeiern. Man kann doch nachfeiern, irgendwann kommen wir auch wieder mit Oma zusammen.

Oder aber: Wir sind jetzt echt in der Zwickmühle. Weil deine Oma sich auch sehr freuen würde wenn du kommst. Sie hat dich nämlich sehr lieb. Aber du hast deinen Freunden zugesagt, darum machst das auch.

Hier übernehmen Eltern Verantwortung über den Wert, den sie vermitteln. Indem sie es leben und diese Meinung reflektiert klar kundtun. So sind Kinder nicht verunsichert, nehmen es auf. Mit der Pubertät beginnend werden sie diese Meinungen reflektieren, abchecken, ob sie das in Ordnung gefunden haben oder nicht, dieses dann auch in irgendeiner Weise kundtun.

Als der Vater meinte, es wird ein halbes Jahr traurig sein, bedenkt er nicht, dass genau diese Art der falsch verstandenen Verantwortung, die er dem Kind übergeben hat, dazu führt, dass Kinder egoistischer werden, seltener Resilienz entwickeln und mit Sicherheit schneller in depressive Zustände kommen als Kinder, die zu Wertschätzung und Dankbarkeit erzogen werden. Oder eben im Umfeld ihrer selbst entscheidenden Wünsche bleiben dürfen.

Kinder, die ein halbes Jahr traurig sind, (sicher eher übertrieben vom Vater dargestellt) als eine sehr lange Zeit gemeint ist, sind in ihrer Resilienz (Widerstandsfähigkeit) bereits zurückgefallen.

Sicherlich hat die Oma ein hartes und klares Statement abgegeben: „Wenn du zu meinem Geburtstag nicht kommst, komme ich das nächste Mal zu deinem auch nicht!“ Eine klare Ansage. Doch sie wusste, dass sie dem Kind später erklären würde, um was es ihr geht.

Wenn Eltern meinen- so etwas ist ja totale Druckausübung- dann sind es oft genau die Eltern, die viel davon verstehen, Druck auszuüben.

-Mach deine Hausübung, sonst….
– Wenn du das nicht machst, gibt es keine Fernsehen, darfst du das oder das nicht….
– du bist schuld, dass ich jetzt zu spät zur Arbeit komme, usw.

Druck auszuüben ist das eine – eine Aussage zu machen, die für den Erwachsenen Bedeutung hat, um das Kind zum Nachdenken anzuregen, in dem man ihm dann ein Gespräch anbietet, ist etwas ganz anderes.

Als Eltern sollte man immer hinterfragen: Ist es wirklich der Wunsch des Kindes oder steckt vielmehr eine ganze Reihe meiner eignen Vorstellung über Leben und Zukunft meines Kindes dahinter?

Meistens ist es leider so. Ich kenne nicht sehr viele Eltern, die wissen, welche Verantwortung sie tragen müssen und welche sie dem Kind übertragen können. In keinem meiner Elternfortbildungen konnte diese Frage ausreichend beantwortet werden.

In diesem obigen Fall ist es wie gesagt ein Wertekonflikt:
Die Oma will das Kind zu Wertschätzung und Dankbarkeit führen
Die Eltern zu selbständigen Entscheidungen, Freundschaft, Beliebtheit, Spaß und Abwechslung.

Es gibt kein Richtig oder Falsch – doch Umpolung des Wertehauses beim jeweils anderen sollte man sich auch nicht erwarten. Zu weit liegen sie auseinander, wenn keine Reflexion stattfindet. Das ist leider die Realität.

Im Buch: „Wozu das alles- eine philosophische Reise zum Sinn des Lebens“ von Christian Uhle, habe ich eine bedeutende Quintessenz herausgelesen:

„Der einzige Sinn des Lebens ist, Gutes zu tun“ Ein schöner Satz zum Nachdenken und als Erklärung für mein obiges Geschriebenes einfach bestens geeignet- Gutes tun kann für jeden was anderes sein- ob es aber wirklich gut war – wird sich meistens erst später erweisen.