Erzählte mir eine junge Mutter folgendes Problem: „Mein dreieinhalbjähriger Sohm sammelt alles , was es findet, Sogar die Staubflankerl auf dem Boden!“
Man könnte dabei humorvoll entgegnen, damit ist spätestens in der Pubertät Schluss.
Jetzt möchte ich gar nicht auf die Gründe eingehen, die vielfältig sein können. Ein frühzeitiger Sammlertick? Ein pingeliger Charakter? Ein Zwangsverhalten? Ich kann diese Mutter beruhigen. Fast alle Verhaltensweisen von kleinen Kindern stehen in Zusammenspiel der Beziehung zwischen seiner Person und seiner Umwelt. Sie erkennen, dass sie etwas bewirken können, mit ihrem Willen und mit ihrem Handeln. Es ist ihnen erstmals „bewusst“ In ihrem Bewusstsein angekommen.
Und mit diesem bewusst sein tun sich viele Wege auf, mit der Umwelt in Beziehung zu kommen. Ich sammle, ich schreie, was auch immer, die Reaktion darauf beziehe ich auf mich. Das verschafft mir Aufmerksamkeit. Das bin ICH!
Dazu kommen auch die verschiedenen Entwicklungsängste ins Spiel und in diesem Zusammenhang ist vieles unerklärlich und oft scheinbar aussichtslos, hier als Eltern erzieherischen Erfolg zu haben.
Nun meine Gedanken dazu, die euch vielleicht ein wenig weiterhelfen:
Eurer Kind tritt in Beziehung und sucht Beziehung. Es ist auf der Suche nach Führung und nach Liebe. Es ist aber auch auf der Suche nach Kennenlernen von sich selber und seinen Bezugspersonen. Wenn man fremd ist, dann fragt man normalerweise jemanden, von dem man annimmt, dass er sich auskennt. Man freut sich, wenn man einen Insider erwischt und ist dankbar, wenn er seine persönliche Meinung über den Ort sagt (und wie man da hinkommt)
Für Kinder, die sich ausprobieren und eigentlich noch nichts wirklich wissen, probieren auch die Eltern aus und kommen bald dahinter wie die ticken. Schnell lernen sie zu kooperieren oder eben zu rebellieren. Die zwei Möglichkeiten hat es.
Ich rede jetzt in der Person des Kindes: „Ich will mich und ich will dich kennenlernen. Das ist mein Ziel. Deine Grenzen, deine Gewohnheiten, deine Vorlieben, deine Stärken und Schwächen, deine Eigenheiten usw. Und es ist für mich auch unendlich wichtig, dass du es übernimmst, liebe Mama oder Papa, dass auch ich mich kennenlernen darf. Mir ebenso das Recht gibst, mich selber auszuprobieren, wie immer das aussieht.
Ich kenne die persönlichen Eigenschaften der Mutter nicht, die sie ausmachen. Aber jede Mutter hat die Richtigen. Es geht nur darum , dass sie sie auch gewaltfrei kommuniziert.
Wenn ich meine Eigenschaften und Grenzen hier kommunizieren müßte, würde ich meinen Sohn in einer ruhigen Minute folgendes sagen: „Ich bin ganz erstaunt, was du alles sammelst. Darf ich mir das mal ansehen? Sind das alles ganz spannende Sachen für dich? ES gefällt mir, dass du soviele Sachen interessant findest….. ..Jetzt habe ich aber ein Problem und ich hoffe sehr, du kannst mir helfen. Ich möchte nämlich diese Dinge nicht in meiner Wohnung haben. Ich mag es gerne gemütlich und aufgeräumt. Hast du eine Lösung, wie wir das machen sollen, dass es für uns beide passt!“
Aber vielleicht eine andere Mutter: „Ich mag nicht, dass du alles einsammelst und hier in deinem Zimmer verstaust. Es stinkt und ist grauslich. Ich will aber respektieren, dass es dir wichtig ist. Bitte denk nach, wo ein Platz sein könnte, dass du es auch aufheben kannst, ohne dass mir die Nerven durchgehen.!“
Vielleicht nehme ich meinen Sohn auch in den Arm und erzähle ihm, was ich alles gesammelt habe, oft auch zum Schrecken der Eltern und welche Lösung sie gefunden haben.
Alles ist richtig. Alle drei Möglichkeiten(und ganz viele gibt es) haben eines gemeinsam: Sie haben die Bedürfnisse des Kindes und die der Mutter ernstgenommen und gesehen. Die Mutter hat die Führung übernommen und sich verantwortlich gezeigt für ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse und die ihres Kindes.
Kinder lieben es Lösungen zu finden. Sie lieben es zu hören, wenn Eltern von ihren Erlebnissen erzählen. Sie brauchen auch, von den Eltern ernstgenommen und gesehen zu werden. Es geht fast nie um das ursächliche Problem, fast immer ist es nur das Werkzeug, um die Beziehungsdose zu öffnen.
Also traut euch heraus, liebe Eltern, auch kleine Kinder verstehen das schon. Immer im gewaltfreien Ton und schön die Verantwortung bei euch lassen.
Viel Freude beim Experimentieren und Zusammenfinden